Auf einen Kaffee mit Caspar Schmitz-Morkramer von caspar.

 
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Caspar Schmitz-Morkramer ist Inhaber des Architekturbüros caspar. und verantwortete den Entwurf der Sedelhöfe in Ulm.

 1.    Wenn Sie kein Architekt geworden wären, welchen Berufsweg hätten Sie eingeschlagen?

Ich habe damals zwischen dem Berufswunsch des Galeristen und dem des Architekten gewählt. Letztendlich entschied ich mich für ein Architekturstudium, denn ein Architekt kann vielleicht auch ein Galerist sein. Andersherum wäre es wohl etwas schwieriger. (lacht) Das Schöne an dem Beruf ist für mich auch heute noch der Ansporn: Ich kann meine Fantasie in die Realität umsetzen und etwas erschaffen, das bleibend ist.

 2.    Wie entwickelte sich diese Leidenschaft für Architektur?

Meine Leidenschaft für Architektur und die Stadtgestaltung entstand früh. Häufige Umzüge, neue Wohnungen und Stadtteile sowie meine Kindheit in der damals boomenden Metropole Frankfurt, prägten mich sehr.

Schon während der Schulzeit begann ich, eigene Fantasiestädte in kleinen Skizzenbüchern zu entwerfen, entdeckte den Spaß am Zeichnen, belegte als Kunstkurs Architektur und arbeitete in meinen Ferien bei befreundeten Architekten meiner Eltern.

 3.    Wie sah damals so eine skizzierte Traumstadt von Caspar Schmitz-Morkramer aus?

Der städtebauliche Mehrwert war nicht ganz gegeben. (lacht) Die Skizzen waren zweidimensional gezeichnet, mit Bleistift und dicken Buntstiften.

Inspiriert wurden die Silhouetten von Bildern und Reisen. Als Kind beeindruckten mich besonders die Grand Hotels in der Schweiz oder auch das Empire State Building oder das Chrysler Building in New York, mit den sehr prägnanten Abschlüssen.

 4.    Zeichnen Sie noch heute mit Bleistift und Buntstiften?

Ich bin tatsächlich großer Stiftliebhaber und ein Architekt der „alten Schule“. Ich zeichne viel mit klassischen Architekturstiften, besonders gerne mit Tinte – die ist nur immer leer (lacht) – und am liebsten auf der Skizzenrolle. Die Ursprungsidee der Sedelhöfe entstand lustigerweise auf einer Serviette an einem gemeinsamen Abend mit Lothar Schubert.

 5.    Was ist für Sie nach all den Jahren noch immer aufregend im Joballtag?

Es ist der ganze Prozess, der mich fasziniert. Von der ersten Idee über die Planung mitsamt den Zeichnungen, Details und der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Expert*innen bis hin zur Umsetzung. Architektur ist heutzutage keine Einzeldisziplin mehr, sondern wir stehen einem großen Orchester mit vielen Instrumenten vor, die nur einen schönen Ton erzeugen, wenn sie im Einklang sind.

 6.    Was inspiriert Sie für Ihre Entwürfe und wie halten Sie Ihre Ideen fest? Führen Sie stets ein Notizbuch bei sich?

Ich bin da etwas ungeordnet. (lacht) Ich besitze zwar eine Vielzahl von Skizzenbüchern für genau diesen Zweck, vergesse sie allerdings häufig. Immer dabei habe ich einen Stift und ein bisschen Papier, so entstehen die meisten Skizzen auf Einzelblättern oder ich mache ein Foto mit dem Handy.

Inspiriert werde ich von vielem. Unsere Arbeit funktioniert mit dem Auge und egal ob in London, Kopenhagen oder Lissabon, überall nimmt das Auge etwas mit. Das kann Architektur oder auch Stadt sein, aber auch Kunst, Theater oder etwas aus der Natur.

 7.    Sie reisen viel und gerne, haben schon in unterschiedlichen Städten auf der Welt gelebt und gearbeitet. Wo geht die nächste Reise hin? Gibt es vielleicht einen Ort, wo Sie schon immer hinwollten?

Das stimmt, unter anderem habe ich eine Zeit lang in Italien gelebt, wo ich und meine Familie unseren nächsten Urlaub verbringen werden. Noch entdecken möchte ich Singapur. Und ich habe eine große Verbindung zu Amerika, wo ich gerne einmal ein Projekt umsetzen würde. Und ich kann mir sogar vorstellen, dort für ein paar Jahre zu leben.

 8.    Das Sedelhöfe Quartier steht in Ulm. Wie ist Ihre Verbindung zu dieser Stadt?

Es gibt eine große Verbindung, denn meine geliebte Großmutter kam aus Ulm. Als Lothar und ich 2015 öfter dort waren, habe ich die Zeit genutzt, der Familienhistorie nachzugehen. Es stellte sich heraus, dass im Münster gleich mehrfach das Familienwappen meiner Vorfahren hängt, die zum Teil Ulmer Bischöfe waren. Die Stadt mit all ihrer Vielfalt habe ich allerdings erst durch den Bau der Sedelhöfe richtig kennengelernt.

 9.    Hatte der Charakter der Stadt, ihre Vielfalt und ihre Historie Einfluss auf den Entwurf des Stadtquartiers?

Auf jeden Fall. Der Entwurf ist sehr städtebaulich und offen angelegt. Wir haben die Flüsse der Stadt aufgenommen und mit städtischen Ansichten und Proportionen gearbeitet. So ist gegenüber dem Bahnhof ein Ankunftsort mit Aufenthaltsqualität entstanden. Die Gebäude sind in ihrer Architektur und ihrer Anordnung einerseits an historischen Materialien und Formen orientiert, andererseits setzen bauliche Elemente wie die Fassaden der Häuser 3 und 4 ein Zeichen anderer Modernität, die sich auch in den Nutzungen widerspiegelt: Die Verbindung von Wohn-, Büro- und Einzelhandelsflächen und die Vertikalisierung bedienen den modernen Anspruch von Ulm.

 10.  Gibt es in Ihren Entwürfen etwas Typisches, das sagt „caspar.“?

Wir sagen immer: Das was uns bewegt, ist der Maßstab Mensch. Das taucht in verschiedenen Dimensionen auf und wird auf den einzelnen Menschen mit seinen Bedürfnissen runtergebrochen.

Hierfür schaffen wir öffentliche Räume mit eigenem Charakter und lebendige Quartiere.

 Die Sedelhöfe mit den unterschiedlichen Nutzungen – auch das Parken darf man nicht vergessen – bieten Handelsvielfalt, eine Verbindung zum Bahnhof, Büros, Wohnen sowie als Ergänzung ein Hotel. Das ist eine Vision von Stadt, wie wir sie bei caspar. teilen. Denn wir glauben an die verdichtete Stadt in der Vielfalt und Lebendigkeit rund um die Uhr gelebt werden. Die Herausforderung ist es, verschiedene Nutzungen miteinander kommunizieren zu lassen und eine Dynamik in die Gebäude hineinzutransportieren.

Generell kann man sagen, dass der Bau der Sedelhöfe und auch die Zusammenarbeit mit Lothar eine wahnsinnig prägende Zeit war, auch für unser Architekturbüro. Es war zu der Zeit das größte Projekt.

 11.  Wenn Sie einen Tag außerhalb des Architektenkreises arbeiten könnten, wo oder bei wem wären Sie gerne Praktikant?

Wenn es darum geht, einmal etwas ganz anderes zu machen, dann würde ich etwas mit Natur wählen. Als Kind habe ich Freunden meiner Eltern gerne bei der Ernte auf ihrem Bauernhof geholfen. Diese andere Art mit den Händen zu arbeiten, bewegt mich und wäre sicherlich spannend.

12.  Letzte Frage: Was hören und lesen Sie aktuell?

Ich höre verschiedene Podcasts, natürlich auch Architekten-Podcasts. (lacht) Gerade gekauft habe ich mir das neue Buch von Bill Gates, da er sich mit vielen Themen der Nachhaltigkeit beschäftigt, die uns auch bei caspar. interessieren. Aber um ganz ehrlich zu sein, ich habe Kinder zu Hause, da fehlt manchmal die Zeit, einen netten Roman zu lesen. (lacht)

Vielen Dank für das schöne Gespräch!

Ulrike Arndt